Americanah by Chimamanda Ngozi Adichie
Autor:Chimamanda Ngozi Adichie [Adichie, Chimamanda Ngozi]
Die sprache: deu
Format: mobi
ISBN: 9783104020495
Herausgeber: Fischer E-Books
veröffentlicht: 2014-03-04T05:00:00+00:00
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Alle machten Witze über Leute, die ins Ausland gingen, um Toiletten zu putzen, und so entschied sich Obinze für eine ironische Herangehensweise an seinen ersten Job: Er war in der Tat im Ausland und putzte Toiletten, er trug Gummihandschuhe und einen Eimer in einem Maklerbüro im zweiten Stock eines Gebäudes in London. Jedes Mal, wenn er die schwingende Tür eines Klos öffnete, schien sie zu seufzen. Die schöne Frau, die die Damentoilette putzte, war aus Ghana, ungefähr so alt wie er, und hatte die glänzendste dunkle Haut, die er jemals gesehen hatte. Er vermutete aufgrund ihrer Ausdrucksweise und Haltung einen Hintergrund ähnlich seinem, eine in einer Familie abgefederte Kindheit, regelmäßige Mahlzeiten, Träume, in denen Toiletten putzen in London nicht vorkam. Sie ignorierte seine freundlichen Gesten, sagte nur so förmlich wie möglich »Guten Abend«, aber sie war befreundet mit der weißen Frau, die die Büros oben putzte, und einmal sah er sie in dem verlassenen Café Tee trinken und sich leise unterhalten. Er beobachtete sie eine Weile und wurde dabei immer niedergeschlagener. Sie suchte Freundschaft, aber nicht seine. Vielleicht war Freundschaft unter den gegebenen Umständen unmöglich, weil sie Ghanaerin war und er, ein Nigerianer, ihr zu nahe war; er kannte ihre Nuancen, während sie sich bei der polnischen Frau neu erfinden, sein konnte, wer immer sie sein wollte.
Die Toiletten waren nicht schlimm, etwas Urin neben den Urinalen, nicht zu Ende gespülte Schüsseln: Sie zu putzen war viel einfacher als die Toiletten auf dem Campus in Nsukka, in denen Scheiße an die Wände geschmiert war. Er hatte sich immer gefragt, warum jemand sich diese Mühe machte. Und deshalb war er eines Abends schockiert, als er in einer Kabine einen Scheißhaufen auf dem Toilettendeckel fand, fest, sich nach oben verjüngend, zentriert, als wäre er sorgfältig auf der vorher ausgemessenen Stelle platziert worden. Er sah aus wie ein zusammengerollter Welpe auf einer Matte. Es war eine Aufführung. Er dachte an die berühmte Zurückhaltung der Briten. Die Frau seines Cousins Ojiugo hatte einmal gesagt: »Engländer leben jahrelang neben dir, aber sie grüßen dich nicht. Sie sind bis obenhin zugeknöpft.« Dieser Auftritt hatte etwas mit Aufknöpfen zu tun. Jemand, der gefeuert worden war? Dem eine Beförderung verweigert wurde? Obinze starrte den Scheißhaufen lange Zeit an, wurde dabei immer kleiner, bis der Haufen zu einem persönlichen Affront, zu einem Schlag ins Gesicht wurde. Und das für drei Pfund die Stunde. Er zog seine Handschuhe aus, legte sie neben den Scheißhaufen und verließ das Gebäude. An diesem Abend bekam er eine E-Mail von Ifemelu: Decke, ich weiß nicht mal, wie ich anfangen soll. Ich habe Kayode im Einkaufszentrum getroffen. Mich für mein Schweigen zu entschuldigen klingt selbst in meinen eigenen Ohren dumm, aber es tut mir so leid und ich komme mir so blöd vor. Ich werde dir alles erzählen, was passiert ist. Du hast mir gefehlt und fehlst mir noch.
Er starrte auf die Mail. Danach hatte er sich so lange gesehnt. Von ihr zu hören. Als sie den Kontakt zu ihm abgebrochen hatte, hatte er wochenlang nachts wachgelegen oder war mitten in der Nacht durchs Haus getigert vor Sorge, was mit ihr passiert war.
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